Vita
1943
in Danzig geboren
1945
Übersiedlung nach Hamburg
1962-69
Aufenthalt in den USA
1969
Studium der Literatur und Kunstgeschichte / Malerei
1971
Beginn der Malerei
1981
Mitgliedschaft im BBK Hamburg. Einzug ins Atelier im Haus für Kunst und Kunsthandwerk / Hamburg
2023
Stirbt nach 42 Jahren reichen Schaffens als Maler, Dichter und Denker in Hamburg am 7. November an Corona.
URKNALL UND STILLE
Urknall und Stille als Motto, das schließt ein schwammiges „sowohl als auch“ zum Glück konsequent aus. Gegensätze werden klar benannt und nicht mutlos hinweg geschwubbelt. Der Hamburger Maler Michael Sazarin lebt so, arbeitet so: kraftvolle Schwünge, knallige Farben sowie aufgebrochene Oberflächen und schemenhafte Figuren kennzeichnen seine Arbeiten.
„Das Niemandsland der unverbrauchten, unersättlichen Bilder interessiert mich“, sagt der Künstler. „Meine Vorfahren waren Kosaken. Ich verkaufe Energie. Keine Dekoration. Kunst muss ernst sein.“
Gemalt hat er schon tausende solcher Bilder. Die meisten groß und größer als er selbst und breiter, als man die Arme ausbreiten kann.
DAS KLOSTER DES ECHTEN LEBENS
Heute bezeichnet sich Michael Sazarin als „Mal-Mönch“. Nur, dass sein Kloster das wirkliche Leben war. Sein Gebetsbuch war höchstwahrscheinlich das Kartenspiel und die Messen wurde im Zweifel in der Bar gelesen. Genauer gesagt, er verbrachte prägende Jahre dort, wo Leben rau, direkt, hart und ziemlich ungerecht ist. Ein Leben, das der „gemeine sich vegan ernährende und Soja-Latte schlürfende Großstadt-Hipster“ nicht mehr als 8 Tage durchhalten würde.
Mit 18 Jahren zog den in Danzig geborenen über den großen Teich in die USA. Sein Geld verdiente er mit harter Arbeit und meist auf der falschen Seite der Gleise. Er schuftete als Werftarbeiter in Brooklyn, als Kellner, Tischler oder Schlosser in Los Angeles. Als Maschinist arbeitete er in Ohio.
In Tichuana hat er das gemacht, was schon viele Kerle vor und nach ihm taten, einfach sein Geld verhurt und versoffen. Gut, das war auch zu einer Zeit, da kannte kein Mensch Worte wie ‚PC‘ und ‚Gendermainstreaming‘. Er hat Orte gesehen, die sich nicht einmal Gymnasiallehrerinnen in Alpträumen ausmahlen können. Ich bin mir sicher, damals hätte Michael Sazarin einen veritablen Feministinnen-Schreck abgeben.
MICHAEL GEHT NUR NOCH MIT SUSI INS BETT
Heute genießt Sazarin den Blick in die Welt interessiert und ausgiebig mit seinem iPad, das er zärtlich „Susi“ nennt. „Das einzige weibliche Wesen, das heute noch in meinem Bett liegt.“ Merkt er dazu lächelnd an.
Vor 40 Jahren zog es ihn wieder nach Deutschland und er kehrte zurück nach Hamburg. Für kurze Zeit studierte er Literatur, Kunstgeschichte und Malerei. Doch kann ein Künstler, der durch die Schule des Lebens gegangen ist, akademisch im Seminarraum hocken? So begann er schnell und eigenständig mit der Malerei.
Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern des gemeinnützigen Vereins Koppel 66, Haus für Kunst und Handwerk in der Koppel 66, Hamburg St. Georg, das 1981 eröffnet wurde. Dort genießt er das Privileg, als einziger in seinem Obergeschoss arbeiten und wohnen zu dürfen. Mittlerweile füllen rund 500 Gemälde nahezu die ganze Fläche.
SCHLAFLOS IN ST. GEORG
„Ich bin eigentlich immer am Arbeiten,“ sagt er und erzählt, dass ein Besucher einmal bedauert habe, dass er ja weniger Platz zum Wohnen hätte, als ein Strafgefangener in Santa Fu. Zum Wohnen braucht der Künstler nicht mehr als eine Zelle und erklärt: „Ich will ja auch nur eins: malen. Ich brauche nicht mehr als drei Stunden Schlaf“, sagt der fast 75-jährige Sazarin. „Erst im Alter wird man oft richtig frei und gut.“
PRESSESTIMMEN ZU MICHAEL SAZARIN:
„… seine Bilder sind Orte der Kraft und die gibt es nur noch ganz selten. …“ (Dr. Iris Simone Engelke)
„Er lebt das Spannungsverhältnis zwischen zufälligen Zuständen und erkennbaren Strukturen lustvoll aus.“ (Kunstmagazin art)
„… Wie ein echter Mönch stellt Sazarin die Sinnfrage nicht, er hat sie für sich beantwortet. Viele würden ihn darum beneiden.“ (Franziska Wolffheim, Brigitte Woman)
AUSSTELLUNGEN:
Seine erste Ausstellung bestritt Michael Sazarin vor 40 Jahren im Kunsthaus, Hamburg. Es folgten Ausstellungen unter anderem in der Galerie Bollhagen (Worpswede), der deutschen Botschaft in Vatikanstadt, in den Galerien Curare, Anne Moerchen und Projekthaus (Hamburg), der Galerie Puncto (Wien) oder Galerie auf Zeit (Wismar).
Seine Werke waren auf der Art Madrid und der Art Beijing sowie auf der Shanghai Art Fair zu sehen, und zwischendurch immer wieder in seiner Atelier-Ausstellung im Haus für Kunst und Handwerk, Koppel 66.
Isabeell Van Horn