Portrait

sazarin portrait mit Pinsel

REINHARD PETRICK ÜBER MICHAEL SAZARIN

In seinen Aphorismen beschreibt Sazarin zuweilen den künstlerischen Schöpfungsakt und die Verbundenheit zwischen Künstler und Betrachter: „Wenn der Blick… sich verliert… da beginnt die Magie… der unverbrauchten unersättlichen Bilder.“ Damit ist zunächst seine Schaffensweise angedeutet: Am Anfang mag ein Gefühl stehen, ein Gedanke, der den Maler ergreift und zur Aktion treibt, doch wenn dann der Blick starr auf ein bestimmtes Ziel fixiert bliebe, würde die Hand, die den Pinsel, den Spachtel hält, verkrampfen, und der kreative Fluss wäre bald gehemmt. Bei ihm fällt beides zusammen: urkräftige „Malaktion“ und der meditative Moment, in dem das Ego weiter und weiter in den Hintergrund tritt. Da ist dann Magie, das Erlebnis des Unverbrauchten, des nicht gefällig Brauchbaren; da ist die Herausforderung des Unersättlichen, des nicht Satt- Machenden, des immer wieder Hinschauen-Müssens.

Gerade dies verführt den Betrachter der Bilder Sazarins dazu, mit der Hand den Linien des Dargestellten zu folgen und sie so tastend zu erfahren. Seine Kunst ist vor allem Kunst, die angeht und aufgenommen werden will, die in ihrem Rahmen nicht hängen bleiben und dort womöglich vermodern soll, sondern in den Augen oder in der Hand des Betrachters weiterlebt und neues Leben gewinnt.

Dem kommt entgegen, dass sich auf diesen Bildern nicht deutlich Festgelegtes befindet. Und doch meint man hin und wieder vertraute Formen entdecken zu können – sei es eine menschliche Gestalt oder eine Pflanze, eine Blume. Die Phantasie wird hier durch Farbexplosionen zum Mit- und Nachschaffen angeregt, eingehüllt in einen Zauber von Gedanken und Gefühlen, dem man sich kaum entziehen kann.

Der Künstler selbst stimmt in dieses Nachschaffen ein, indem er seinen Bildern oft Titel gibt, solche wie „Stumm“ oder „Legend“ oder „Uterus“ oder „Feuervogel“ oder „Fly“. Doch damit ist keine Festlegung gemeint, sondern ein Angebot zum Weiterfühlen, eine Herausforderung, den Titel mit der eigenen Wahrnehmung zu konfrontieren. Wie Sazarin in seinen Aphorismen mit Worten spielt, so könnte in seiner Titelgebung auch etwas wie Spiel liegen: dass da einer, erschöpft vom kreativen Augenblick der Arbeit, sein Werk betrachtet und dem scheinbaren vulkanischen Chaos des Bildes einen Namen gibt. Solche Nachbetrachtung umschreibt er selbst mit dem fast neckischen Wort: „Sehr ähnlich, doch was soll’s denn sein?“

Wenn man diese Anregung weiter verfolgte, käme man anhand seiner Bilder sogar zu dem philosophischen Problem: Was ist Wirklichkeit? Sazarin gibt darauf keine schlüssige Antwort, weil er weiß, dass dies nicht möglich ist. Sondern er lässt sich immer wieder hineinsinken in den kreativen Prozess, dessen Ende und Zielpunkt er selbst nicht weiß.

Ein Portrait

ein Film von Elke Geboriau und Andreas Schall